Testverfahren der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung - Version Mobilität eingeordnet in die Konzepte von van Zomeren und Brouwer (1994) und
Posner und Raichle (1994)
 

AL

Alertness

Unter Alertness ist zunächst der allgemeine Wachzustand zu verstehen, der es einer Person erlaubt schnell und angemessen auf konkrete Anforderungen zu reagieren. Er ist die Voraussetzung für ein adäquates Handeln und stellt die Basis jeder Aufmerksamkeitsleistung dar – insofern ist die Alertness für die Teilnahme am Straßenverkehr von zentraler Bedeutung.

Dieser Test wurde entwickelt, um tonische Alertness zu erfassen, die Fähigkeit, ein hohes Level an Reaktionsbereitschaft in Antizipation eines Teststimulus aufrechtzuerhalten. Der Alertness-Test misst die einfache Reaktion auf einen visuellen Stimulus (ein Kreuz, das auf dem Bildschirm erscheint). Die mittlere Reaktionszeit und die Variabilität der Reaktionszeiten werden erfasst.

  • Untertest
    Alertness
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsintensität
  • Auskunft über
    basale Reaktionsfähigkeit, allgemeine Verarbeitungsgeschwindigkeit, Reaktionsstabilität
  • FEV Anforderungsbereich
    Reaktionsfähigkeit
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    1
  • Dauer (nur Haupttest)
    min. 2 Minuten, 15 Sekunden
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung

SA

Daueraufmerksamkeit

Daueraufmerksamkeit ist keine Leistung, die sich an einem einzelnen Aufgabentyp festmachen ließe. Im Gegenteil, eine längerfristige Aufmerksamkeitszuwendung ist bei Aufgaben mit sehr unterschiedlicher kognitiver Beanspruchung gefordert, die von einer einfachen Reizentdeckungsaufgabe bis zu Aufgaben mit einer hohen kognitiven Arbeitsbelastung reichen.

Beim Autofahren kann ein kleiner Moment der Unachtsamkeit bereits weitreichende Folgen haben. Das Autofahren erfordert, dass der Fahrer während der gesamten Fahrt ein adäquates Maß an Aufmerksamkeit aufrecht hält.

Bei diesem Test erscheinen auf dem Bildschirm nacheinander Reize, die in verschiedenen Merkmalsdimensionen variieren: der Farbe, der Form, der Größe und der Füllung. Ein kritischer Reiz liegt dann vor, wenn ein gezeigter Reiz in einer oder in einer von zwei vorher festgelegten Reizdimensionen mit dem vorangehenden Reiz übereinstimmt (z.B. die gleiche Form bei unterschiedlicher Farbe, Größe und Füllmuster). Um die Schwierigkeit der Aufgaben an das Leistungsniveau eines Probanden anzupassen, kann zwischen den Schwierigkeitsstufen „Form“ und „Farbe oder Form“ gewählt werden.

  • Untertest Name
    Daueraufmerksamkeit
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsintensität
  • Auskunft über
    längerfristige Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit bei hoher Zielreizdichte
  • FEV Anforderungsbereich
    Belastbarkeit
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    2 („Form“, „Farbe oder Form“)
  • Dauer (nur Haupttest)
    15 Minuten
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung

ACT

Aktives Gesichtsfeld

Ein intaktes Gesichtsfeld ist eine elementare Voraussetzung für das Führen eines Autos. Beim Autofahren muss nicht nur die gesamte Fahrbahn vor dem Fahrzeug überblickt werden, sondern auch der Fahrbahnrand und zu einem gewissen Teil auch die Bereiche links und rechts neben dem Auto. Obschon der Fokus auf dem Verkehrsgeschehen vor dem Auto liegt, muss dennoch gleichzeitig registriert werden, wenn z. B. ein Fußgänger plötzlich auf die Fahrbahn tritt oder wenn sich ein einscherendes Fahrzeug seitlich auf das eigene Fahrzeug zubewegt.

Mit dieser Aufgabe wird die Größe des aktiven Gesichtsfeldes gemessen. Das verwendete Paradigma erfordert die Entdeckung einer Farbveränderung in grauen Kreisen, die den Bildschirm ausfüllen. Diese kritischen Events erscheinen in verschiedenen räumlichen Bereichen und mit unterschiedlicher Entfernung von der Bildschirmmitte. Um Augenbewegungen in die Peripherie zu verhindern wird zusätzlich zentral eine selektive visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe dargeboten.

  • Untertest Name
    Aktives Gesichtsfeld
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Visuell-räumliche Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Größe des aktiven Gesichtsfeldes
  • FEV Anforderungsbereich
    Orientierungsleistung
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    1
  • Dauer (nur Haupttest)
    6 Minuten, 30 Sekunden
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung

DIS

Ablenkbarkeit

Eine wichtige grundlegende Aufmerksamkeitsfunktion ist die Fähigkeit, den Aufmerksamkeitsfokus aufrecht zu erhalten, relevante Informationen zu extrahieren und Reaktionen auf potentiell ablenkende Stimuli zu unterdrücken. Vor allem die Fähigkeit, Augenbewegungen zu ablenkender Information zu verhindern, kann als entscheidend beim Autofahren angesehen werden, da hier der Hauptfokus der Aufmerksamkeit im Zentrum des visuellen Feldes bleiben und nicht auf häufig auftretende, irrelevante periphere Stimuli gelenkt werden sollte.

Diese Aufgabe wurde entwickelt, um die Fähigkeit zu untersuchen, einen zentralen Aufmerksamkeitsfokus beizubehalten und selektiv auf einen kritischen Stimulus zu reagieren, wenn ablenkende visuelle Information präsentiert wird. Die räumliche Lokalisation und die zeitliche Präsentation des Ablenker-Reizes sind unvorhersehbar. Die Aufgabe ist es, Ablenker explizit zu ignorieren und auf die zentral präsentierten Gesichter zu reagieren.

  • Untertest Name
    Ablenkbarkeit
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Visuell-räumliche Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Steuerung und Kontrolle des Aufmerksamkeitsfokus
  • FEV Anforderungsbereich
    Konzentrationsleistung
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    1
  • Dauer (nur Haupttest)
    6 Minuten
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung

D

Geteilte Aufmerksamkeit

Im Alltag kommt es häufig darauf an, mehrere Dinge gleichzeitig zu verfolgen oder beachten zu müssen. Dies erfordert die Fähigkeit zur Teilung der Aufmerksamkeit auf simultan ablaufende Prozesse.

Defizite in der geteilten Aufmerksamkeit sind in der neuropsychologischen Praxis ein häufig gestellter Befund. Die betroffenen Patienten beklagen sich z.B., dass es ihnen am Arbeitsplatz große Probleme bereiten würde, wenn gleichzeitig mehrere Anforderungen an sie gestellt werden. Im Kontext der Fahreignung haben Defizite der geteilten Aufmerksamkeit einen besonders hohen Stellenwert, da das Autofahren eine erhebliche Anforderung an diese Aufmerksamkeitsfunktion stellt, angesichts der Vielzahl von Handlungen, die z. T. gleichzeitig oder zumindest synchronisiert ablaufen und angesichts der Menge der Ereignisse, die zugleich überwacht und beachtet werden müssen.

Prüfbar ist die geteilte Aufmerksamkeit mittels „dual-task“ Aufgaben, in denen gleichzeitig zwei Reizdarbietungen beachtet werden müssen. In diesem Test wird dies durch eine visuelle und eine akustische Aufgabe gewährleistet.

Kontrollbedingungen ermöglichen die Abgrenzung von modalitätsspezifischen Defiziten.

  • Untertest Name
    Geteilte Aufmerksamkeit
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Fokussierte Aufmerksamkeit, Visuell-räumliche Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Fähigkeit zur Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf zwei Aufgaben gleichzeitig
  • FEV Anforderungsbereich
    Aufmerksamkeitsleistung
  • Reizmodalität
    visuell und akustisch
  • Anzahl Bedingungen
    3 (1 Doppelbedingung und 2 Kontrollbedingungen)
  • Dauer (nur Haupttest)
    3 Minuten, 25 Sekunden
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung

EC

Exekutive Kontrolle

Beim Autofahren ist die Fähigkeit der Zuordnung der nötigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt, mit dem übergeordneten Ziel, das Auto sicher durch den Verkehr zu steuern und das Ziel rechtzeitig zu erreichen, von entscheidender Bedeutung. Dabei ist für das Autofahren kennzeichnend, dass die Reaktionen zum einen schnell und zum anderen zuverlässig richtig erfolgen müssen, dass also in kürzester Zeit die richtige Reaktion auf den richtigen Stimulus erfolgt und die falsche Reaktion unterdrückt wird.

Dieser komplexe Test erfasst mehrere Aufmerksamkeitskomponenten. Es werden Aspekte von Arbeitsgedächtnis, selektiver visueller Aufmerksamkeit, Inhibition und mentaler Flexibilität auf einer Ebene mittlerer Schwierigkeit erfasst. Der Proband sieht Zahlen oder Buchstaben, die entweder in roter oder in blauer Farbe dargestellt sind. Es soll selektiv nur auf rote Zahlen und auf blaue Buchstaben reagiert werden.

  • Untertest Name
    Exekutive Kontrolle
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Fokussierte Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Arbeitsgedächtnis, selektive visuelle Aufmerksamkeit, Inhibition und mentale Flexibilität
  • FEV Anforderungsbereich
    Aufmerksamkeitsleistung
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    1
  • Dauer (nur Haupttest)
    3 Minuten, 20 Sekunden
  • Anzahl Reaktionstasten
    2

Normierung

FL

Flexibilität

Die Aufmerksamkeitszuwendung ist kein statischer Prozess, vielmehr bezeichnet sie die Abkehr von Objekten, um sich wirksam mit anderen Objekten beschäftigen zu können. Im Alltag und in der Ausführung einer Arbeit sind wir darauf angewiesen, unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf neue, relevante Ausschnitte der Situation auszurichten. So erfordert etwa die Ausführung eines Fahrmanövers die wechselnde Ausrichtung des Aufmerksamkeitsfokus auf die einzelnen Handlungen und die Anpassung derselben an die Gegebenheiten und die Verkehrssituation. Dies setzt eine effiziente interne Kontrolle des Aufmerksamkeitsfokus voraus, um jeweils die Aspekte ins Auge zu fassen, die für die Umsetzung unserer Handlungsziele wichtig sind. Das heißt, eine flexible Ausrichtung des Aufmerksamkeitsfokus ist eine wichtige Voraussetzung für ein situationsangemessenes Verhalten.

Bei dem vorliegenden Test handelt es sich um eine „set shifting“-Aufgabe. Rechts und links von der Bildschirmmitte werden gleichzeitig ein Buchstabe und eine Zahl dargeboten. Bei der Durchführung kann zwischen einer einfachen Durchführungsform (z.B. immer nur auf die Zahl) und einer komplexen Durchführungsform mit wechselndem Zielreiz gewählt werden, d.h. von Trial zu Trial ist auf den jeweils komplementären Zielreiz zu reagieren (in der Abfolge: „Buchstabe“ – „Zahl“ – „Buchstabe“ – „Zahl“ ...).

Der Proband hat die Aufgabe, eine links oder eine rechts liegende Taste zu drücken. Seine Aufgabe besteht darin, die Taste jeweils auf der Seite zu drücken, auf der der Zielreiz (z.B. „Buchstabe“ oder „Zahl“) auf dem Bildschirm erscheint.

  • Untertest Name
    Flexibilität
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Fokussierte Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Umstellfähigkeit, kognitive Flexibilität
  • FEV Anforderungsbereich
    Belastbarkeit
  • Reizmodalität
    visuell und akustisch
  • Anzahl Bedingungen
    2 (1 einfache und 1 komplexe Wechsel-Bedingung)
  • Dauer (nur Haupttest)
    einfach: min. 1 Minute, 45 Sekunden; komplex: min. 3 Min.
  • Anzahl Reaktionstasten
    2

Normierung

G

Go/Nogo

Ein bedeutsamer Aspekt in Bezug auf die Verhaltenskontrolle ist die Fähigkeit, unter Zeitdruck eine angemessene Reaktion auszuführen und gleichzeitig einen inadäquaten Verhaltensimpuls zu kontrollieren. Zur Prüfung dieser Form von Verhaltenskontrolle wurde das „Go/Nogo“-Paradigma entwickelt, in dem es darauf ankommt, eine durch externe Reize getriggerte Reaktion zu Gunsten einer intern kontrollierten Verhaltensweise zu unterdrücken. Bei diesem Paradigma ist der Aufmerksamkeitsfokus auf das vorhersehbare Erscheinen von Reizen gerichtet, die dann eine selektive Reaktion erfordern, d.h. auf die entweder zu reagieren oder nicht zu reagieren ist.

Go/Nogo-Aufgaben sollen die spezifische Fähigkeit zur Unterdrückung einer nicht-adäquaten Reaktion überprüfen, eine Leistung, die insbesondere nach Schädigungen des präfrontalen Kortex beeinträchtig sein kann.

Bei diesem Test werden die Reaktionszeiten und Fehler in einer einfachen „Go/Nogo“-Bedingung mit zwei Reizen, einem „+“ und einem „x“ (2 Reize, einer kritisch) gemessen.

  • Untertest Name
    Go/Nogo
  • Kognitive Domäne
    Aufmerksamkeitsselektivität, Fokussierte Aufmerksamkeit
  • Auskunft über
    Inhibitionsfähigkeit, Impulskontrolle
  • FEV Anforderungsbereich
    Konzentrationsleistung
  • Reizmodalität
    visuell
  • Anzahl Bedingungen
    1
  • Dauer (nur Haupttest)
    2 Minuten
  • Anzahl Reaktionstasten
    1

Normierung